Highspeed auf der Streif

Das Hahnenkamm-Ski-Abfahrtsrennen in Kitzbühel gehört zu den absoluten Highlights der ORF-Sportproduktion. In diesem Jahr wurde das Setup durch Chef-Regisseur Michael Kögler weiter optimiert, um noch bessere TV-Bilder liefern zu können. Allein sieben Highspeed-Kameras von LMC begleiteten das von Schweren Stürzen geprägte und dann vorzeitig abgebrochene Pistenspektakel.

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Highspeed auf der Streif

„Ist es das, was wir sehen wollen? Wirklich?“, fragte die österreichische Skirennläuferin Anna Fenninger konsterniert in einem Twitter Tweet, nachdem das 76. Hahnenkamm-Abfahrtsrennen nach schweren Stürzen vorzeitig beendet wurde. Scheinbar ja. Die rund 45.000 Zuschauer vor Ort wie die Millionen vor den TV-Geräten erwartet hier spektakuläre Action. Schließlich hat die „Streif“ in Kitzbühel einen Ruf zu verteidigen. Mit bis zu 86 Prozent Gefälle und möglichen Spitzengeschwindigkeiten der Rennfahrer um die 150 km/h gilt sie als die gefährlichste Abfahrtsstrecke der Welt. Alle, die hier die gut drei Kilometer in weniger als zwei Minuten herunter rasen, bewegen sich da schon immer am absoluten Limit. Jede Kleinigkeit kann den Rennläufern leicht zum Verhängnis werden. Und auch der Ganslernhang, an dem die Slalom-Wettbewerbe zum Hahnenkammrennen stattfinden, ist mit seinen zahlreichen Geländeübergängen und schräg abfallenden Passagen eine der anspruchsvollsten Pisten im alpinen Skiweltcup und sorgt oft für viele Ausfälle. Für das Fernsehen ist es immer eine besondere Herausforderung, die Alpin-Wettbewerbe in Kitzbühel mit Kombination (Super-G und Slalom), Abfahrt und Slalom perfekt in Szene zu setzen, zu erklären und zu analysieren, an welcher Stelle ein Fahrer Fehler gemacht und „Zeit liegen gelassen“ hat.

Das Medieninteresse am Hahnenkamm-Rennen war auch in diesem Jahr (21. bis 24. Januar) jedenfalls wieder enorm: Allein in Europa übertrugen 22 TV-Stationen die Rennen live. Eurosport sorgte für europaweite Live-Übertragung in alle europäischen Länder, Eurosport Asien belieferte fast alle asiatischen Staaten mit Berichten von Streif und Ganslernhang. In den USA waren die Sportübertragungen aus Kitzbühel live und zeitversetzt auf NBC Sports zu sehen. Unter den weltweiten TV-Stationen, die live von den Hahnenkamm-Rennen berichteten, befanden sich neben ARD, SRG oder NRK auch Sender wie SBS in Korea, J-Sports in Japan und Globosat in Brasilien.

Der Bayerische Rundfunk (BR) produzierte für die ARD mit eigenen Kommentatoren und Moderatoren, von einer eigenen Präsentationsplattform aus, ein unilaterales Signal für Deutschland. Das wurde im Ü-Wagen von Dienstleister RT1 vor Ort mit dem Weltbild kombiniert.

Für die Weltbild-Produktion zeichnete der Österreichische Rundfunk (ORF) als Hostbroadcaster unter Leitung von Michael Kögler, Chef-Regisseur beim ORF, Erwin Sochurek, Produktionsleiter im Produktionsbetrieb Fernsehen, und Martin Hinterberger, Produktionsleiter Sport, verantwortlich.

Laut Sochurek waren in Kitzbühel insgesamt neun TV-Stationen mit eigenen Kommentatoren und Kameras vor Ort. Die reine Weltbild-Signalübernahme via Satellit nutzten 16 TV-Stationen. Außerdem sendeten zwölf Radio-Stationen live vom Rennen. „Das ist hier sicher eine der größten Produktionen für den ORF in Österreich“, betont Sochurek, der bereits seit 2001 die Produktion des Hahnenkamm-Rennens für den ORF organisiert. Der ORF hatte in Kitzbühel für die Weltbild-Produktion seinen großen Ü22 Ü-Wagen im Einsatz und für die Produktion des nationalen Signals den kleinen Ü31. Zum Transport des benötigten umfangreichen technischen Equipments hatte der ORF in Kitzbühel gleich drei Rüstwagen und fünf große Container dabei.

Da auf Grund der vielen eingesetzten Kameras die Technik im 12-Kamera-Ü-Wagen Ü22 nicht ausreichte, hatte der ORF oben am Berg, im Bereich der sogenannten „Mausefalle“, ausgegliederte Bildtechnik untergebracht. Von dort aus wurden die oberen Startkameras ausgesteuert und deren Einzelsignale dann via Glasfaserleitung zum Ü-Wagen in den Technik-Compound geschickt. „An der Streif ist sehr viel vorverkabelt. Das hilft uns bei der Signalübertragung natürlich sehr“, erklärt Sochurek. Die Vorverkabelung habe man in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit dem Kitzbüheler Ski Club (K.S.C.), Veranstalter des Hahnenkammrennens, realisiert. Sochurek: „Wir stellen die Kabel zur Verfügung und der Skiclub übernimmt die Einzieharbeiten. Im Zuge des Neubaus des Ganslern-Lifts haben wir wieder Kabel verlegt. Vom Slalomhang haben wir Querverbindungen mit Glasfaser- und Hybridleitungen zu den Reporterkabinen und zum ORF-Studio geschaffen. Entsprechende Leitung gibt es auch bis ganz oben auf dem Berg. So brauchen wir dort zur Anbindung der Kameras nur noch die Verkabelung zu den einzelnen Anschlußkästen herzustellen.“ Wegen der wachsenden Zahl der eingesetzten Effektkameras überlege man mittlerweile schon wieder, die vorhandenen Glasfaserleitungen weiter aufzurüsten.

Das Weltbild-Signal von den Rennen in Kitzbühel spielte der ORF über eine Glasfaseranbindung ins Sendezentrum nach Wien und von dort aus auf den Satelliten. Sochurek: „In Summe habe ich hier vier Sendeleitungen. Das heißt, wir haben das nationale und das internationale Signal jeweils doppelt aufliegen. Dazu kommen aus Wien zwei Retourleitungen. Über diese Glasfaser-anbindung machen wir auch die ganze Kommunikation und bilden unsere komplette EDV-Infrastruktur ab. Wir sind hier in Kitzbühel alle so angeschlossen wie in unseren Wiener Büros und haben von hier aus Zugriff auf alle unsere Server.“

Als ORF-Dienstleister beteiligt waren neben LMC, Kran-Verleiher G+K Bewegungstechnik aus Graz, Seilkamera-Firma Camcat Systems von Alexander Brozek, Funktechnik Böck aus Wien und BNC Broadcast Network Connections (Schnittplätze). „Das sind Partner, mit denen wir teilweise schon seit Jahrzehnten hervorragend zusammen arbeiten“, sagt Sochurek. Insgesamt hatte der ORF in Kitzbühel allein im Technikbereich 180 Mitarbeiter einschließlich des 19-Kopf starken LMC-Teams am Start.

Kameratechnik

Inklusive zwei Studiokameras hatte der ORF beim diesjährigen Hahnenkamm-Rennen 39 Kameras im Einsatz, sechs mehr als im Vorjahr. Bei den großen Live-Kameras handelte es sich hauptsächlich um ORF-eigene Ikegami-Kameras.

Zu den Neuerungen gehörte eine Funk-Kamera mit 100fach Optik am Kitzbüheler Horn, dem Gegenhang zur Streif. „Man sieht von drüben die ganze Strecke ein und kann den Läufer sogar bis ins Ziel verfolgen“, sagt Sochurek. Der ORF hatte weitere zwei Funkkameras am Start und drei im Zielbereich im Einsatz. Letztere wurden auch bei den Siegerehrungen genutzt. Dazu gab es eine Camcat-Seilkamera vom Hausberg runter bis zur Zieltribüne. An der Rennstrecke waren zudem drei Kamera-Kräne vom Typ GF8 und GF9 aufgebaut, einer davon an der Hausbergkante und einer gleich nach der „Mausefalle“. Dazu waren an der Strecke noch zwei Remote-Kameras an Schwenk-Neige-Köpfen montiert. Neu war auch der Einsatz von insgesamt sieben Highspeed-Kameras vom Typ Antelope MKII und Pico. Sie wurden von LMC – Live Motion Concept bereitgestellt und bedient. Bislang gehörten zum Kamera-Set-up von alpinen Abfahrtsrennen nur zwei Highspeed-Kameras. Zwei Antelope Pico wurden auf Polecams eingesetzt, eine erstmals am Start des Abfahrtsrennens und eine im Bereich des sogenannten Red Bull-Bogens an der Hausbergkante. Sie wurde genutzt, um spektakuläre Bilder vom Sprung der Rennfahrer über die Hausbergkante mit Publikum und Zielbereich im Hintergrund zu zeigen. Mit den Picos kam auch das von LMC neu entwickelte Cobra-Link zum Einsatz. Dabei handelt es sich um eine Glasfaserumsetzung, die über SMPTE-Hybrid-Kabel die Kamera auf lange Distanzen mit Strom versorgt und alle Bild und Datensteuerungssignale überträgt. „Das System hat sich hier sehr bewährt“, erklärt Nikolai Bonstedt, LMC-Produktionsleiter in Kitzbühel. Die anderen Highspeed-Kameras vom Typ Antelope MkII waren an der Strecke verteilt, drei mit 86x Boxlens auf Stativ, eine als verkabelte Handheld und eine Antelope Air auf einem GF-8-Kran von PMT mit Acht-Meter-Ausleger. „Diese Kamera ist ganz wichtig für den Live-Schnitt. Sie funktioniert wie eine normale Live-Kamera und hat zusätzlich den zweiten Videoausgang für den Replay-Kanal, den wir hier unten unabhängig steuern können“, sagt Bonstedt. Eine Antelope war unterhalb der Hausbergkante positioniert, um den dortigen Sprung der Athleten von vorne zu zeigen. Den Übergang in die Traverse bis zum Zielsprung begleitete dann eine Antelope-Handkamera. Die Antelope in der Mixed Zone zeigte die Zieleinfahrt und die Reaktionen des Publikums auf der Tribüne.

Highspeed-Kameras und Dartfish

Mit seinen Antelope-Highspeed-Kameras spielte LMC eine zentrale Rolle bei der Produktion des Hahnenkamm-Rennens. Gerade sie halfen dabei, Fahrfehler aufzulösen und die Stürze beim Abfahrtsrennen am Samstag aus verschiedenen Perspektiven und in Superzeitlupe zu wiederholen. Damit ließen sich dann auch gut die vielen Rennunterbrechungen überbrücken, bis nach 31 Startern das von einigen Medien als „Sturzfestival“ bezeichnete Rennen schließlich abgebrochen wurde. Zuvor war schon wegen zu starker Winde im oberen Bereich der Streif der Streckenverlauf leicht verkürzt und der Start um eine Stunde verschoben worden. Die Stürze von Hannes Reichelt, Aksel Lund Svindal und Georg Streitberger, allesamt in der Kompression vor der Einfahrt in die Traverse ausgelöst, schockierten auch die prominenten Gäste wie Arnold Schwarzenegger, Jason Statham, Niki Lauda oder Bernie Ecclestone, die es sich auf der VIP-Tribüne bequem gemacht hatten. Deren betroffene Gesichter zeigte das Fernsehen gerne im Zwischenschnitt.

Die Signale der Highspeed-Kameras wurden alle zu zwei Schnittmobilen von LMC gespielt und dort von zwei EVS-Maschinen aufgezeichnet. Sieben Operator in den Fahrzeugen wählten dort die relevanten Sequenzen für Replay-Clips aus und steuerten gleichzeitig Blende und Farbeinstellung von jeweils einer Highspeed-Kamera. Beim Color Matching unterstützt wurden die LMC-Operator vom Chefbildtechniker des ORF, der die Signale der Highspeed-Kameras an zentraler Stelle ebenfalls aufliegen hatte. „Dadurch können wir sicherstellen, dass alle Kamera-Einstellungen wirklich optimal sind“, sagt Bonstedt. Jede EVS-Maschine verfügte über zwei Ausgänge, so dass vier Quellen gleichzeitig an den Bildmischer im internationalen Ü-Wagen zum Replay abgegeben werden konnten.

Bonstedt: „Dadurch, dass wir sieben Highspeed-Kameras im Einsatz haben, eine davon im Zielraum, wo wir Emotionen zeigen können, haben wir die Möglichkeit, enorm viele Bild-Variationen anzubieten. Und das ist genau das, was den Unterschied macht zu den vergangenen Produktionen in Kitzbühel, wo wir in der Regel mit zwei bis drei Kameras waren. Es ist für Weltbild-Regisseur Michael Kögler sehr wichtig, dass wir ihm von unseren beiden EVS-Maschinen eine Vielzahl an Clips mit unterschiedlichen Einstellungen zuspielen können.“ Die Antelope-Kameras seien für den neuen Look des Gesamtfeeds entscheidend. „In über 90 Prozent aller Slomoblöcke bringen wir hier ein Signal mit bis zu drei Slomos unter. Das macht den Look der Übertragung wirklich einzigartig“, meint Bonstedt.

In einem dritten LMC-Fahrzeug, ausgestattet mit einer weiteren EVS und einem Just Replay Server, der für den Vorschnitt der einzelnen Kameras genutzt wurde, wurden für das nationale ORF-Signal vom Hahnenkamm-Rennen mit einem Dartfish-System Analysen und Überblendungen erstellt sowie Zuspielungen für eine Telestrator-Anwendung am Moderatoren-Touchscreen (Sportswriter) im ORF-Studio im Zielhaus der Streif. Diese Clips gingen ausschließlich an den nationalen ORF-Ü-Wagen, der via Glasfaser mit dem 500 Meter weit entfernten Zielhaus-Studio verbunden war.

Dartfish ist ein Überblendungstool, mit dem man zeigen kann, wie sich Unterschiede in der Fahrtechnik auf die Zeit auswirken. Das System arbeitete mit drei isolierten Kameras. Deren Feeds wurden auf dem EVS-Server aufgezeichnet und live geschnitten. Im Dartfish-System wurden diese Signale dann zur Analyse beziehungsweise zum Vergleich einzelner Rennläufer genutzt. Dartfish bietet die Funktionen Simulcam und Stromotion. Mit Simulcam lassen sich Videoclips von verschiedenen Fahrern an einem bestimmten Streckenabschnitt übereinander legen. Die Rennfahrer werden dabei von dem System aus dem Videoclip ausgestanzt und auf einen gemeinsamen Hintergrund gelegt. Das geschieht fast in Echtzeit. Der fertige Clip wird dann der dem Regisseur im Ü-Wagen angeboten. Die Stromotion-Funktion wiederum ist im Prinzip eine Kombination aus Zeitlupe und stroboskopischem Effekt. Man macht eine Zeitlupe und kann daraus einzelne Clone im Bild einfrieren. Einzelne Positionen des Skifahrers können angehalten und vom Moderator besprochen werden.

Die von LMC eingesetzten Highspeed-Kameras wurden vor den Rennen bildtechnisch an die vom ORF eingesetzten Ikegami-Kameras angepasst. „Wir haben beim ORF ein sehr intensives Colourmatching gemacht und die Pico ebenso wie die Antelope MKII auf die Ikegami-Farbmatrix abgestimmt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen“, betont LMC-Chef Felix Marggraff. Zudem habe man in Kitzbühel auch stark von der Deflicker-Option der Antelope-Kameras profitiert. „Das war ganz wichtig hier beim Nachtrennen. Bei schwierigen Lichtverhältnissen verzeichnen unsere Highspeed-Kameras im Gegensatz zu anderen Kameras kein Flickern.“ Hier kam das stark verbesserte FPGA-basierte System „Colibri“ zum Einsatz, welches durch die neu gegründete Firma Antelope Camera Systems Ende des Jahres in den Markt eingeführt wurde. Marggraff berichtet, dass der ORF in diesem Jahr entschieden habe, viele der bislang genutzten Superzeitlupen-Kameras beim Hahnenkamm-Rennen durch Antelope-Kameras zu ersetzen. Der Einsatz der Antelope als Effektkamera an klar definierten Positionen ermögliche einerseits die Generierung eines neuen Look-and-Feels bei der Übertragung und andererseits eine höhere Flexibilität. „Der große Vorteil der Antelope ist ja, dass sie auch als Live-Kamera einsetzbar ist“, betont Marggraff. In Kitzbühel habe man sie, je nach Position, mit unterschiedlichen Bildraten gefahren, an einigen Positionen mit bis zu 1.500 Bildern pro Sekunde und an anderen nur mit 500 oder 300 Bildern pro Sekunde. „Die gewünschte Bildrate jeder Kamera kann individuell entschieden werden und hängt auch mit den jeweiligen Startintervallen zusammen“, erklärt er.

Marggraff: „Wenn ein Läufer im Ziel ist werden Zeitlupen eingeblendet. Der Start des nächsten Läufers wird dann mit etwas Zeitversatz gezeigt. Er ist meist schon ein paar Tore gefahren, bevor er dann live ins Bild kommt. Wenn man viele Zeitlupen hat, wird der Startteil eines Laufs kürzer, wenn man weniger hat länger. Dem Regisseur eröffnen sich mit vielen Zeitlupenaufnahmen mehr Möglichkeiten für Dramaturgie und Timing.“

LMC arbeitet mit dem ORF bereits seit 2000 bei der Produktion von alpinen Skiwettbewerben zusammen. „Im Laufe der Jahre hat sich eine ausgezeichnete Zusammenarbeit entwickelt. Der ORF weiß, dass er sich auf uns verlassen kann und wir auch das liefern, was wir anbieten“, meint Marggraff. „Ausschlaggebendes Kriterium ist, dass wir eine hohe Flexibilität mitbringen und wir in der Lage sind, die Technik, die zum Einsatz kommt für den ORF so speziell zu modifizieren, dass er genau das bekommt, was er will“, betont Marggraff. „Aber wir machen uns auch die Mühe, mit Regie und Technik ganz intensiv zu kommunizieren, um deren Wünsche zu erfüllen. Es ist immer spannend aus Gesprächen mit innovativen Kollegen wie bespielsweise Michi Kögler herauszufinden, was Redaktion und Regie wirklich möchten und aktiv Lösungen vorzuschlagen, die dann genau die Bilder liefern die den Kollegen vorschweben. Dabei hilft, dass wir auch eigene Produktionen machen, ich auch als Regisseur unterwegs bin und weiß, was Redaktion und Regie wirklich brauchen. Wir sind eben nicht nur Kameradienstleister oder ein Unternehmen, dass nur Technik verkauft, sondern wir bieten ein deutlich weiteres Dienstleistungsspektrum.“ Dazu komme, dass sich auch die technische Integration mit der ORF-Produktion über die Jahre gut eingespielt habe.

Auch Bonstedt lobt die gute Zusammenarbeit mit dem ORF beim Hahnenkamm-Rennen. „Das ist ein großartiges Team. Wir waren sehr frühzeitig mit Kamera- und Ablaufplänen versorgt, um zu wissen, welches System wann wo spielen muss. Auch was die Material-Bewegungen am Berg, die damit verbundenen Helicopter-Flüge und die Versorgung mit Hybridleitungen von den Schaltkästen am Berg zu den LMC-Kameras angeht, arbeiten wir sehr eng und gut mit dem ORF zusammen“, sagt er. Das Hahnenkamm-Rennen sei eine sehr aufwändige Produktion weil technisch sehr viel stimmen und gleichzeitig passieren müsse. „Der Fokus der Produktion wurde auf den redaktionellen Output und die Bildgestaltung gelegt. Und das Ergebnis ist super. Durch die genaue Planung des Regisseurs waren wir mit den Kameras immer an den richtigen Positionen. Die Resonanz vom ORF war entsprechend positiv“, betont Bonstedt. Der LMC-Produktionsleiter weiter: „Bei allen Rennen sind sehr viele Kameras im Einsatz. Das bietet enorm viele Schnittmöglichkeiten und setzt den Regisseur unter Druck. Aber Michael Kögler ist einer der besten Alpin-Regisseure und braucht deshalb auch dieses große Klavier. Er hat soviel zu tun, dass er sich auf die Slomos immer verlassen muss und von unseren Operatoren immer die beste Sequenz zur richtigen Zeit angeboten bekommt, damit er gut auflösen kann, was in einem Lauf wichtig war. Hier funktioniert die Zusammenarbeit, nach all den Jahren, die wir uns kennen, ausgezeichnet.“

Kögler selbst, das Mastermind hinter dem Kamera-Konzept von Kitzbühel, bezeichnet das LMC-Team als „innovative, kreative Truppe“. Sie sei mit derselben Begeisterung und Leidenschaft dabei wie er selbst. In den vielen Jahren der Zusammenarbeit, unter anderem auch bei der letzten Ski-WM in Beaver Creek, Vail, habe man sich gegenseitig immer stark „gepusht“. „Trotz des bereits in den vergangenen Jahren erzielten hohen Niveaus bei der Übertragung von Skirennen konnten wir so eine weitere Qualitätssteigerung erreichen“, betont er. Dies sei gerade für das Hahnenkamm-Rennen von Bedeutung. „Es ist ‚das Rennen’ und vom Stellenwert her genauso zu behandeln wie Wimbledon beim Tennis oder Augusta im Golf. Hierbei ist höchste Qualität und neueste Technik gefragt“, sagt er. Beim Skisport habe es bisher keine Übertragung, weder bei Olympischen Spielen noch bei Weltmeisterschaften gegeben, die mit höherem Aufwand realisiert worden sei. Für das Hahnenkamm-Rennen nächstes Jahr kann er sich aber noch weitere Highspeed-Kameras und als „i-Tüpfelchen“ eine zweite Camcat oben am Berg vorstellen.

„Für Sportübertragungen bedeuteten Highspeed-Kameras einen echten Quantensprung“, meint Kögler. Die Qualität der Antelope-Kameras sei auf Grund ihrer hohen Bildauflösung viel besser als die von Superslomos. „Damit kann man wirklich jedes Detail, jede Musekelbewegung der Protagonisten, sichtbar machen. Die Menschen an den Bildschirmen erkennen besser, was ein Athlet beim Rennen durchlebt.“ Und auch Emotionen ließen sich mit den Highspeed-Kameras schöner zeigen. „Wir können damit unglaublich beeindruckende Bilder machen“, schwärmt er, sieht sich gleichzeitig aber auch als Regulativ in der Regie. „Nicht alles, was spektakulär ist, dürfen wir zeigen. Gerade bei einem Sturz gilt es abzuwägen.“

Eckhard Eckstein

© KSC/JK

MB 1/2016