Noch keine optimale Darstellung

Die Deutsche TV-Plattform ist sehr darum bemüht, dem neuen hochauflösenden TV-Format Ultra HD (UHD) zum Durchbruch zu verhelfen. Um die Interoperabilität der verschiedenen Geräte auf dem Markt zu testen und um das Nutzer-Erlebnis zu verbessern, hat sie eine Reihe von Plugfesten initiiert – zuletzt In Berlin gemeinsam mit der britischen Digital TV Group (DTG).

7
Noch keine optimale Darstellung

Als Weiterentwicklung von HDTV läuft sich der nächste Fernsehstandard schon mal warm. Zwar sind noch viele Fragen ungeklärt, doch UHD (Ultra High Definition) wird kommen – so oder so. Nimmt man es genau, ist es sogar schon da. Es werden immer mehr Filme in 4k und Serien in UHD gedreht und veröffentlicht. Viele Kinos sind mit 4K-Projektionen ausgestattet und für den Heimgebrauch sind erschwingliche Displays vorhanden. Plattformen wie YouTube aber auch Videoload bieten erste Videos in 4k beziehungsweise UHD und Streaming-anbieter wie Netflix und Amazon erstellen sogar eigene Serien in UHD. Einige auch mit HDR (High Dynamic Range) für kompatible Endgeräte und die ersten Ultra HD Blu-ray-Disks und -Player kommen auf den Markt. Diese Entwicklung treibt die Sender als etablierte TV-Veranstalter vor sich her. Denn was noch längst nicht geklärt ist, ist eine standardisierte Signalkette von der Produktion über Distribution bis zum Empfang, bei der gewährleistet ist, dass das Ausgangsprodukt auch so auf dem Bildschirm des Empfängers dargestellt wird, wie es dessen Schöpfer intendiert haben. Ursache hierfür ist die in Phasen verlaufende UHD-Entwicklung als Broadcast-Standard, bei der zum Beispiel die Spezifikation für UHD-TV mit HDR (Phase 2) noch nicht final ist.

Da helfen auch die von der UHD Alliance zur CES Anfang Januar veröffentlichten Eckpunkte für Ultra HD Premium samt Logo nicht. Die vor allem für physikalische Medien (wie Blu-ray) und Over the Top-Services (OTT) definierten Spezifikationen lauten: 3.840 x 2.160 Pixel Auflösung bei 10-bit Farbtiefe. Der erweiterte Farbraum (Wide Color Gamut) muss ein Eingangssignal von BT.2020 und eine Display-Wiedergabe von über 90 Prozent des P3-Farbraums haben. Bei HDR gilt der SMPTE-Standard ST2084 EOTF mit mehr als 1000 Nits Spitzenhelligkeit und weniger als 0,05 Nits Schwarzwert oder alternativ mehr als 450 Nits Spitzenhelligkeit und weniger als 0,0005 Nits Schwarzwert. Damit kommen OLED- als auch LCD-Displays klar, von denen die ersten mit Premium-Logo demnächst verkauft werden. Überhaupt gibt es für TV-Displays schon seit September 2014 ein UHD-Logo von Digital Europe – allerdings mit deutlich geringeren Anforderungen als das Premium-Logo der Alliance.

Der Druck auf die Branche, bald eine vernünftige End-to-End-Kette für Ultra HD (mit HDR) auf die Beine zu stellen, nimmt also weiter zu. „Mit UHD geht die Kontrolle über die Darstellung des Bildes idealerweise wieder zurück an die Sender“, sagt Stephan Heimbecher, Vorstand der Deutschen TV-Plattform und Leiter der AG Ultra HD. „Bisher lag sie bei den Displayherstellern mit all ihren sogenannten Bildverbesserungsfunktionen.“ Damit beschreibt Heimbecher den Anspruch für einen zukunftsträchtigen Ultra HD-Broadcast-Standard. Bisher setzen die Displayhersteller bei UHD mit HDR auf eigene Lösungen. Solange ihre Demonstrationsvideos auf ihren Displays super aussehen, solange ist alles in Ordnung. Das reicht aber für den UHD-Durchbruch am Markt nicht, denn Konsumenten wollen mit neuen TV-Geräten auch neues Fernsehen in Spitzenqualität. Um die Interoperabilität der verschiedenen Geräte zu testen und dadurch das Zuschauer-Erleben zu verbessern, hat die TV-Plattform eine Reihe von Plugfesten ins Leben gerufen. Das jüngste fand gemeinsam mit der britischen Digital TV Group, kurz DTG, in Berlin statt.

Beim Plugfest im Dezember 2015 wurden zehn UHD-Displays, sechs davon mit HDR, sowie sechs UHD Receiver getestet. Dabei wurde jeder Receiver mit jedem Display im Stundentakt verbunden. Eine Konstellation, die intern ‘Speed-Dating’ genannt wird. Das UHD-Testmaterial lief u.a. über einen speziellen UHD-Testkanal von Astra. HDR-Testmaterial kam auch von der Academy of Motion Pictures Arts and Science und war für eine Helligkeit von 800 Nits ausgelegt. Dolby testete zudem einige Dolby Vision-Streams. „Der Vorteil einer solchen Veranstaltung ist natürlich, dass die Entwickler der Firmen anwesend sind und sofort auf technische Probleme eingegangen werden kann“, erzählt Simon Gauntlett, Chief Technology Officer bei der DTG. Beim Plugfest ging es vor allem darum, wie die Geräte über HDMI-Schnittstellen und HDCP-Verschlüsselung miteinander arbeiten und ob das gesendete UHD-Material fehlerfrei und in Original-Qualität wiedergegeben wird. Dazu gehört mittlerweile auch HDR – aber es gibt eben auch Ultra HD ohne HDR. Beiden gemeinsam ist zwar die im Vergleich zu HDTV vierfache Auflösung und höhere Pixelzahl – allerdings zeichnet HDR für einen größeren Kontrastumfang und mehr Bilddynamik verantwortlich. Um das zu erreichen, gibt es fast ein Dutzend Systeme, aber nur eines davon ist bisher standardisiert, nämlich SMPTE ST-2084 (kurz „PQ“ genannt), das für die UHD Blu-ray vorgeschrieben ist. Darüber hinaus gibt es Vorschläge wie Dolby Vision (optional bei der UHD Blu-ray) oder Hybrid Log Gamma. Beim DVB-Projekt in Genf bemüht man sich gerade um eine übergreifende UHD-Broadcast-Lösung, die live-tauglich und zukunftsträchtig ist. Außerdem muss sie rückwärtskompatibel sein und darf keine spezielle Technik mit Lizenzkosten erfordern. „Was machen UHD-TV-Geräte der ersten Generation mit UHD-HDR-Signalen?“, verdeutlicht Stephan Heimbecher, was beim jüngsten Plugfest ganz praktisch erprobt wurde: „Dem Zuschauer ist es letztlich egal, ob das, was er sieht, UHD-TV der Phase 1 oder Phase 2 ist – nur gut aussehen muss es!“. Auch für Simon Gauntlett hat das Plugfest seine Berechtigung: „Das hohe Tempo der Innovationen darf nicht dazu führen, dass die Qualität der Consumer-Produkte in Fragen der technischen Kompatibilität leidet.“ So hat das aktuelle Plugfest gezeigt, wie schwierig es ist, alles unter einen Hut zu bringen und zu sinnvollen Lösungen im Interesse der Verbraucher zu kommen. „Wir haben einige gute Bilder beim Plugfest gesehen, brauchen aber mindestens noch ein Plugfest für handfeste Ergebnisse“, zieht Stephan Heimbecher ein erstes Fazit. „Wir lernen viel, denn kein Gerät funktioniert im Sinne einer perfekten Darstellung einwandfrei“, resümiert Simon Gauntlett. Damit sich der Aufwand lohnt und alle von den Lerneffekten profitieren können, werden die Ergebnisse exklusiv den Mitgliedern der Deutschen TV-Plattform und der DTG anonymisiert zur Verbesserung ihrer Geräte zur Verfügung gestellt. Denn: Die Plugfeste verstehen beide Vereine strikt als Technikplattform und nicht als Marketingveranstaltung. Das Konkurrenzdenken weicht an diesem Ort einem pragmatischen Lösungsdenken. Gute Voraussetzungen für das nächste Plugfest im April in London. Dort werden dann auch die Neuvorstellungen von der CES getestet.

Thomas Steiger

MB 1/2016