Tor zum chinesischen Filmmarkt

China ist ein Wachstumsmarkt auch im Bereich Film und Fernsehen. Das Land hat einen enormen Hunger nach Inhalten. Doch wie geht man damit um? Welche Chancen bieten sich und kann man sie umsetzen? Antworten darauf findet man am Ehesten beim Filmart in Hongkong, der jährlich Ende März stattfindend. Als größte Filmmesse Asiens ist er der bedeutendste Treffpunkt und Präsentationsort der chinesischen Filmindustrie.

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Tor zum chinesischen Filmmarkt

Wie wichtig der chinesische Markt angesehen wird, zeigen die Bemühungen großer Studios, die mit Kooperationsdeals auf ihm Fuß zu fassen suchen. Bereits im Sommer 2012 ging Dreamworks eine Kooperation mit der Shanghai Media Group ein, um „Kung Fu Panda 3“ in China zu produzieren und auch 20th Century Fox oder Paramount sind bereits in Hongkong und China aktiv. Jetzt folgte Disney, ebenfalls in Kooperation mit SMG, die ein Propagandaorgan der Regierung ist. Aber auch Europäer sind in China aktiv, etwa Luc Bessons EuropaCorp oder Jean-Jaques Annaud. Anfang März wurden binnen zwei Wochen sechs große Vereinbarungen zwischen China und großen westlichen Partnern getroffen. Die Strategie ist zweischneidig, in Hinblick eines Marktes mit 1,3 Milliarden Konsumenten und eines sich rasant entwickelnden Film-, Fernseh- und Online-Marktes jedoch zwangsläufig. In Partnerschaft mit chinesischen Firmen in China produzierte Filme haben uneingeschränkten Zugang zu einem Kinomarkt, der über mehr als 18.000 Leinwände verfügt, zu denen pro Tag etwa zehn Stück hinzukommen, dessen Zuschauerzahlen stetig steigen, der 2013 3,6 Milliarden US-Dollar Umsatz bei 6,1 Milliarden Zuschauern machte, wovon 71 Prozent an einheimische Filme ging und dem man zutraut frühestens 2018 die USA als größten Kinomarkt (Umsatz 2013: 11 Mrd. US-Dollar) der Welt abzulösen. Obendrauf kommt ein ebenfalls stetig wachsender Onlinemarkt, der zur Zeit ein Drittel der Bevölkerung erreicht und 2017 ein Volumen von 4,3 Milliarden Euro haben soll. Die Schattenseite jedoch ist, dass einheimische Filme einer strengen Zensur unterliegen und gegebenenfalls Propagandazwecken dienen. Andererseits jedoch ist der unterschwellig systemkritische „No Man’s Land“, der lange verboten war und dieses Jahr bei der Berlinale gezeigt wurde, der dritterfolgreichste einheimische Film des vergangenen Jahres.

Dass die strikte Zensur der Entwicklung der chinesischen Filmindustrie schadet, ist mittlerweile allen klar. Während des Film-art wurde daher auch spekuliert inwieweit die chinesischen Behörden dem Rechnung tragen werden. Die chinesische Filmindustrie braucht dringend weitere Entwicklungsschübe, denn 80 Prozent der einheimischen Filme verdienen kein Geld. Außerdem möchte China nicht nur ein Markt sein. Es möchte Inhalte produzieren, die möglichst auch im Ausland Zuschauer finden. Das geht nur, indem man sich Know-how und Partner ins Boot holt, genauso wie man es in den anderen Industrien auch gemacht hat. Noch profitieren von dieser Lage in erster Linie Filmemacher und -produzenten aus Hongkong. „Hongkong braucht Chinas Geld und China braucht Hongkongs Kreative“, hat es der Hollywood Reporter schon vor einigen Jahren formuliert. Und so sind einige, auch im Westen bekannte Regisseure aus Hongkong wie Wong Kar-wai, Tsui Hark, Peter Chan, Johnnie To oder John Woo für einige der erfolgreichsten chinesischen Filme der vergangenen Jahre verantwortlich.

Der Bedarf an Inhalten kann aber auch mit Hilfe europäischer Kreativer gedeckt werden. Kooperationen sind dabei ausdrücklich gewünscht, doch es braucht dafür Geschichten, die auf beiden Seiten funktionieren. Dem etwa tragen das Artist-in-Residence Programm der Medienboard Berlin Brandenburg ‘Berlin – Hong Kong 24/7’ Rechnung und das gerade ins Leben gerufene europäisch-chinesische Autorenprogramm „Briding the Dragon”, mit dessen Hilfe ab 2015 pro Jahr 14 Projekte mit europäisch-chinesischen Themen entwickelt werden sollen. Gesucht wird in China Animation, Action, Family Entertainment und leichtere, kommerziellere Unterhaltung – sowohl zum Kauf, aber eben auch für Kooperationen.

Prinzipiell gilt für China, dass man nur vor Ort die richtigen Kontakte finden kann. Dafür eignet sich aus europäischer Sicht gerade der Filmart in Hongkong ziemlich gut. Man fühlt sich in der Stadt selbst nie fremd, jeder ist vor Ort und man geht mit einer klaren Zielstrebigkeit in Gespräche, gleichzeitig fehlt aber die Hektik westlicher Märkte wie in Cannes oder dem AFM. An den Filmart angedockt, ist zudem der Kofinanzierungsmarkt „Hong Kong – Asia Film Financing Forum”, auf dem junge, aber auch bekanntere Talente, Partner aus dem Arthouse-Bereich suchen.
Thomas Steiger

(MB 3/14)