Exponentielle IP-Videomatrix

Auf der IBC 2015 stand das Thema Live-Produktion via IP-basierte Netzwerke im Vordergrund der Diskussion. NewTek präsentierte mit dem NewTek Advanced IP Workflow dazu einen interessanten Ansatz. Er soll Sendern, Studios und Videoproduzenten beim sofortigen Einsatz IP-basierter Arbeitsprozesse in der Live-Produktion helfen.

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Exponentielle IP-Videomatrix

Zentrales Thema am NewTek-Stand auf der IBC 2015 war NewTeks Advanced IP Workflow. Das Verfahren ermöglicht Bildmischern die Kommunikation mit Kameras und anderen Videoquellen, die in einem Netzwerk miteinander verbunden sind. Es lässt alle als Eingänge zuordnen und über Standard-Ethernet-Netzwerke hochqualitative, framegenaue, in Echtzeit kodierte Mehrkanal-Videos übertragen. So ist es möglich, die Anzahl der Quellen zum Mischen einer Live-Produktion exponentiell zu steigern, ohne direkt mit Geräten zu verbinden, Standorte zu wechseln oder in teure, breitbandige Netzwerke investieren zu müssen, die einfach SDI-basierte Workflows ersetzen. „Wir sind in unserer Branche an einem Wendepunkt angelangt, wo in der Produktion intelligente, kostengünstige und flexible Lösungen gefragt sind“, erklärte Will Waters, Senior Video Specialist bei NewTek. „Mit unserem NewTek Advanced IP Workflow bieten wir genau das an.“ Mit dem IP-Workflow-Konzept könne man traditionelle SDI-Workflows ersetzen, ohne dabei hohen Investitionen in Ethernet-Bandbreite oder separate Steuersysteme tätigen zu müssen. „Der bidirektionale Austausch von Geräten via IP in einem vorhandenen Netzwerk in einer Live-Produktionsumgebung bietet den Produzenten wirklich revolutionäre Vorteile“, meinte er.

NewTek Advanced IP Workflow leistet laut Waters weitaus mehr, als nur Videoquellen in einem LAN mit einem Bildmischer zu verbinden. „Unser Verfahren schafft eine exponentielle IP-Videomatrix, in der jeder Mischer alle an andere Bildmischer angeschlossenen Videoquellen, Wiedergabesysteme, Grafiksysteme und mehr im LAN als IP-Quellen erkennt – und umgekehrt“, erklärte er. Alle Geräte könnten die angeschlossenen Eingänge (und Ausgänge) eines anderen im ganzen Netzwerk verwenden, sodass mehrere Systeme die Zahl der Ein- und Ausgang-Ressourcen in die Höhe treiben würden.

Alle angeschlossenen Quellen werden automatisch erkannt und sind via IP zum Live-Mischen auf einem beliebigen anderen System bereit. Es ist keine spezielle Routing-Hardware oder eine Netzmanagement-Software erforderlich. Das System kodiert Videos für framegenaues Mischen mit niedriger Latenz via IP — beispiellos in seiner Effizienz und unvergleichlich in seiner Bildqualität gegenüber Standard-Netzwerken.

Im Mittelpunkt des NewTek Advanced IP Workflows steht das Network Device Interface (NDI), ein offener IP-Protokoll-Standard. Das NDI ermöglicht, dass jedes in einer Standard-Ethernetverbindung aktivierte Gerät als Teil eines IP-Produktionsworkflows als Videoquelle oder -ziel erkannt wird. NDI funktioniert bei NewTek-Produkten sowie Geräten anderer Hersteller, die bereits mit NewTek IP-Workflows arbeiten, automatisch. Ein kostenloses Software-Development-Kit (SDK) wird im 4. Quartal zum Download zur Verfügung stehen, sodass jeder auf und von seinen Produktionsgeräten Medien freigeben kann.

TriCaster Advanced Edition

NewTek Advanced IP Workflow feiert seine Premiere mit einer neuen Version der TriCaster Advanced Edition. Dieses Softwareupgrade steht jedem derzeitigen Pro-Line TriCaster-Modell einschließlich des TriCaster-Mini zur Verfügung und bringt diesen TriCastern die Advanced IP Workflow-Funktionen. So sind vier zusätzliche Eingänge – Kameras oder jede unterstützte Videoquelle – in einem LAN möglich. Für die Benutzer können auf Wunsch alle Eingangsquellen IP-basiert oder mit lokalen SDI-Quellen gemischt werden. Die aktualisierte Version der TriCaster Advanced Edition-Software kommt im vierten Quartal 2015 auf den Markt. Es wird allen derzeitigen Kunden der TriCaster Advanced Edition als kostenloses Upgrade angeboten. „Im Gegensatz zu teuren, dualen 10Gbps-Ethernet-Netzwerken, die für aufstrebende IP-Workflows typisch sind, reicht eine Standard-GigE-LAN-Infrastruktur für das effiziente, Multi-Source-Live-IP-Videomischen von NewTek aus“, betonte Waters. Alle Kunden würden von NewTeks Erfahrung und Kompetenz bei der Entwicklung von IT-basierten Multi-Kamera-Produktionssystemen profitieren. Erstinvestitionen in eine Netzwerk-Infrastruktur würden dadurch verringert. NewTek Advanced IP Workflows könnten gegenüber SDI eine 10-fach höhere Kapazität an Videosignalen in einer IP-Infrastruktur liefern. Videosignale könnte man zudem in jeder Auflösung oder jedem Format in bester Qualität so kodieren, dass sie praktisch nicht von den Signalen zu unterscheiden sind, die direkt von der Kamera kämen. Mit dem NewTek-Verfahren könne man framegenaue Mehrkanal-Videostreams mit niedriger Latenz ohne Pufferung ermöglichen (mit oder ohne Alphakanal) sowie die IT-Konfiguration vereinfachen, MIS-Lasten abmildern und häufige IP-Konfigurationsprobleme vermeiden. Schließlich ließen sich auch die Kosten für Netzwerkkomponenten senken sowie logistische, problemlösende und physikalische Einschränkungen abschaffen, indem die Quelle einer Stelle in der Produktion von einer anderen Stelle genutzt werden könne. Waters: „Bedenken über die begrenzte Anzahl physischer Eingänge an einem Mischer gehören der Vergangenheit an.“ Man könne jederzeit zusätzliche Live-Videoquellen über Netzwerkverbindung am LAN anschließen und die Zahl der Videoquellen erhöhen. Auch Einschränkungen aufgrund von Entfernung, Mauern und kilometerlangen Koaxkabeln ließen sich leicht beseitigen.

„Die größten Möglichkeiten für die IP-Live-Produktion liegen nicht im Austausch von Geräten, die die gleichen Workflows nur komplizierter machen“, meinte Cross. „Sie liegen in der Beseitigung von Hindernissen für die bestehenden Anlagen: auf Knopfdruck sofort auf Videoquellen zugreifen und sie live mischen – im ganzen Gebäude und überall im Netzwerk.“ Wie das funktioniert, konnte man gleich gegenüber dem NewTek-Stand bei 3D-Storm und LiveXperts erleben.

Franck Henri Lafage (Foto), Managing Director von 3D Storm, hatte einige neue Produkte und Lösungen im Gepäck, die die neuen NewTek-Protokolle wie NDI beinhalten und das Teilen von Medieninhalten über Standard-IP-Netzwerke vereinfachen. Mit LiveCG Election wurde ein neues Software-Produkt vorgestellt, das in Zusammenarbeit mit Brain-storm entstanden ist und die Newtek TriCaster-Anwender in die Lage versetzt, sehr einfach 3D-Grafik-Präsentationen zu Wahlberichterstattung aufzusetzen.

„Man kann es mit seinem Computergrafik-System nutzen ebenso wie im Virtual Set mit den neuen Augmented Reality Features, die auf dem neuesten Tricaster zu finden sind. Eingesetzt werden können direkt aus Excel-Files importierte Daten. Und das ganze System kostet keine 3.000 Euro“, erklärte Lafage.

Ein weiteres interessantes neues Produkt entstand in Partnerschaft mit Sport-Grafik-Anbieter Deltacast und heißt Delta-stat IP. Das Komplettsystem zur animierten grafischen Darstellung von Spielständen, Statistiken und Zeitabläufen bei Multisport-TV-Produktionen. Es ist in einem 1RU-System untergebracht, nutzt die 3D- und Grafik-Engine von Deltacast und verfügt über ein einfaches User Interface, um jede Art von Statistik-Präsentationen zu ermöglichen. Delta-stat IP unterstützt NewTeks AirSend-Protokoll und lässt sich direkt mit dem Tricaster oder 3Play via IP-Netzwerk verbinden. Unterstützt werden derzeit die Sportarten Fußball, Rugby, Basketball und Tennis. Delta-stat IP kostet weniger als 4.000 Euro. „Das ist ein unschlagbarer Preis in dieser Produktklasse“, betonte Lafage.

Ebenfalls neu ist der Live Media Server. Der Multi-Player/-Recorder ist ein sehr flexibles Produkt und kann mit bis zu vier Kanälen ausgestattet werden. Alle können beliebig konfiguriert werden – als Ein- oder Ausgänge. Der Live Media Server unterstützt nach Angaben des 3D Storm-Chefs die meisten Industrie-Codecs und erlaubt Playout während gleichzeitig das Recording läuft. Der Server kostet in der Dreikanal-Version unter 10.00 Euro und lässt sich ebenfalls direkt via IP mit dem Tricaster verbinden. Eckhard Eckstein

MB 8/2015

Foto: Franck Henri Lafage, Managing Director von 3D Storm